Rechtsanwalt Dirk Löber

Wichtige Verhaltensregeln nach einem Verkehrsunfall

Ein Verkehrsunfall ist unabhängig vom Ausmaß der erlittenen Körper- und Sachschäden immer eine sehr belastende Stresssituation. Weil schon am Unfallort eine ganze Fülle von wichtigen Maßnahmen zu ergreifen ist, fühlen sich die Beteiligten oftmals überfordert. Wer die nachfolgenden Verhaltensregeln beherzigt, kann indes sicher sein, dass ihm keine schwerwiegenden Fehler unterlaufen. Sie sollten daher diese Regeln unbedingt ausdrucken und in dem Handschuhfach Ihres Fahrzeuges bereit halten, damit sie im Bedarfsfall griffbereit zur Verfügung stehen.

1. Absicherung der Unfallstelle

Die Absicherung der Unfallstelle sollte damit begonnen werden, dass man den Motor des ei-genen Fahrzeuges abstellt, um die Kraftstoffzufuhr zu unterbrechen. Auf diese Weise wird eine mögliche Brandursache minimiert. Gleich darauf ist die Warnblinkanlage zu aktivieren. Bei schlechten Lichtverhältnissen sollte anschließend eine Warnweste – soweit vorhanden – angezogen werden, bevor Sie in ausreichendem Abstand zu der Unfallstelle (etwa 100 m bis 300 m – je nach Geschwindigkeit des Verkehrs und den örtlichen Gegebenheiten) ein Warn-dreieck aufstellen. Zur Warnweste: In Deutschland gibt es gegenwärtig (noch) keine Ver-pflichtung, in einem privat genutzten Kraftfahrzeug eine Warnweste mitzuführen. Es ist allerdings unabhängig davon empfehlenswert, freiwillig eine solche Weste für den Fall eines Unfalls mitzuführen.

2. Rettungswagen rufen (soweit erforderlich)

Soweit Anlass für die Befürchtung besteht, dass sich eine der am Unfall beteiligten Personen ernsthaft verletzt haben könnte, sollten Sie ohne zu zögern, einen Rettungswagen rufen. In Deutschland sowie allen EU-Ländern gilt die (Euro-) Notrufnummer 112. Ein Notruf kann von jedem Telefon aus kostenlos erfolgen. Münzen oder Telefonkarten sind nicht erforder-lich. Dies gilt auch für Mobiltelefone. Legen Sie bitte erst dann auf, wenn die angerufene Leitstelle keine Fragen mehr hat und ihrerseits das Gespräch beendet. Beim Notruf sollten Sie gegebenenfalls auch ungefragt auf Besonderheiten aufmerksam machen, wie etwa Feuer, aus-laufende Flüssigkeiten (Benzin!) oder eingeklemmte Personen. Bis zum Eintreffen des Ret-tungswagens sollten Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten erste Hilfe leisten. Sind Ihre Kennt-nisse hierzu nicht mehr aktuell? Ein Erste-Hilfe-Kurs bei einer der zahlreichen Hilfsorganisa-tionen bringt Sie wieder auf den aktuellen Stand. Prüfen Sie auch regelmäßig Ihr Erste-Hilfe-Material auf Vollständigkeit und Haltbarkeit anhand des darin befindlichen DIN-Normblattes.

3. Gegnerisches Kennzeichen notieren

Notieren Sie sich anschließend unbedingt das gegnerische Kennzeichen, und zwar auch dann, wenn Sie beabsichtigen, den Unfall polizeilich aufnehmen zu lassen. Es besteht nämlich im-mer die Gefahr der Unfallflucht!

Mit Hilfe des amtlichen Kennzeichens können Sie damit wenigstens den Halter des gegneri-schen Fahrzeuges und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung in Erfahrung bringen und behalten damit die Möglichkeit, für eine zivilrechtliche Regulierung Ihres Schadens zu sorgen.

4. Ruhe bewahren

Behalten Sie einen kühlen Kopf und lassen Sie sich nicht vom Unfallgegner einschüchtern! Oftmals versuchen Unfallbeteiligte durch lautstarkes Diskutieren und verbale Drohungen Ein-fluss auf die Beantwortung der Schuldfrage zu nehmen, indem sie – meistens noch vor dem Eintreffen der Polizei – das Wort ergreifen: „Sie müssen bei rot über die Ampel gefahren sein, weil …“. Lassen Sie sich auf ein solches Wortgefecht gar nicht erst ein und beharren Sie dar-auf, dass diese Dinge erst nach dem Eintreffen der Polizeibeamten erörtert werden sollten.

5. Polizei informieren

Die Polizei bemüht sich gerade in Unfallangelegenheiten, Freund und Helfer zugleich zu sein. Herbeirufen können Sie die Polizeibeamten über die Notrufnummer 110. Auch wenn es nur zu Blechschäden gekommen ist, empfiehlt es sich, die Polizei zu verständigen. Soweit es sich bei dem von Ihnen geführten Kraftfahrzeug um einen Leasing- oder Mietwagen handelt, sind Sie vertraglich verpflichtet, den Unfall von der Polizei aufnehmen zu lassen. Der Vorteil der polizeilichen Unfallaufnahme liegt darin, dass die zur Unfallstelle herbeigeeilten Polizeibe-amten einen Unfallbericht fertigen, aus dem sich alle für eine zivilrechtliche Schadensregulie-rung erforderlichen Tatsachen ergeben. Durch eine Befragung der unfallbeteiligten Fahrzeug-führer und sämtlicher vor Ort verfügbaren Zeugen verschafft sich die Polizei auch ein vorläu-figes Bild von der Schuldfrage und bringt dies im Unfallbericht regelmäßig durch die Vertei-lung von Ordnungsziffern („01“ u.s.w.) zum Ausdruck.

6. Keine Schuldanerkenntnisse abgeben

Hüten Sie sich davor, ein spontanes Schuldanerkenntnis abzugeben. Unabhängig von der Tat-sache, dass Sie als juristischer Laie womöglich gar nicht über das nötige Fachwissen verfü-gen, um die Schuldfrage verlässlich beurteilen zu können, kann die Abgabe eines Schuldaner-kenntnisses auch äußerst nachteilige versicherungsrechtliche Folgen haben. Daher sollten Sie gegenüber dem Unfallgegner keine Erklärungen in dieser Richtung abgeben, wenn auch nur ansatzweise die Möglichkeit einer Mitschuld Ihrerseits besteht.

7. Erste Beweise sichern

Notieren die Namen und Anschriften derjenigen Personen, die als Unfallzeugen in Frage kommen könnten. Außerdem empfiehlt es sich, eine eigene Unfallskizze zu fertigen. Um die Aussagekraft einer solchen Skizze zu erhöhen, sollten Sie nach Möglichkeit auch Fotos von der Unfallstelle fertigen.

Zu diesem Zwecke sollten Sie in ihrem Fahrzeug immer eine einfache Digitalkamera griffbe-reit zur Verfügung haben. Notfalls können die Lichtbilder aber auch mit einem Fotohandy gemacht werden.

8. Personalien mit dem Unfallgegner austauschen

Sobald die vorgenannten Beweise gesichert sind, notieren Sie sich bitte den Namen des Fah-rers (Führerschein) und des Halters (Fahrzeugschein) des gegnerischen Fahrzeuges. Aufzu-schreiben sind weiterhin die Versicherungsgesellschaft und Versicherungsscheinnummer des Unfallgegners. Diese Angaben sollten zweckmäßigerweise ausgetauscht werden, denn auch der Unfallgegner hat – unabhängig von der Schuldfrage – ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe dieser Informationen. Nachteile können Ihnen hierdurch nicht entstehen, denn die Mitteilung der eigenen Versicherungsdaten stellt kein Schuldanerkenntnis dar.

9. Keine voreiligen Erklärungen gegenüber der Polizei abgeben

Wenn Sie von der Polizei zum Unfallhergang befragt werden, sollten Sie sich genau überle-gen, ob und gegebenenfalls welche Angaben Sie zur Sache machen. Soweit Sie selbst die Möglichkeit in Betracht ziehen, den Unfall (mit-) verschuldet zu haben, ist es gegebenfalls ratsam, eine Aussage zu verweigern. Sprechen Sie im Zweifelfall mit unserem Verkehrs-rechtsexperten, Herrn Rechtsanwalt Löber, den Sie in eiligen Unfallangelegenheiten rund um die Uhr unter der Mobilfunknummer +49 163 2142567 erreichen können. Überprüfen Sie auf jeden Fall das Protokoll der Polizei und korrigieren Sie – soweit nötig – falsche Sachverhalts-angaben.

10. Eigene Haftpflichtversicherung informieren

Es gehört zu Ihren Obliegenheiten, die eigene Haftpflichtversicherung umgehend über den Unfall in Kenntnis zu setzen (sog. Schadensanzeige). Die Versicherung kann von Ih-nen verlangen, dass Sie ihr jede Auskunft erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich ist (Auskunftsobliegenheit). Außerdem müssen Sie gegenüber Ihrer Versicherung zur Aufklärung des Sachverhalts dienliche Anga-ben machen (Aufklärungsobliegenheit). Machen Sie vorsätzlich keine oder nicht wahrheits-gemäße Angaben, können Sie schlimmstenfalls Ihren Anspruch auf die Versicherungsleistung verlieren (§ 28 Absatz 4 VVG).

11. Hände weg vom sog. „Schadensmanagement“ der Versicherungen

Wundern Sie sich bitte nicht, wenn die gegenerische Haftpflichtversicherung bereits kurze Zeit nach dem Unfall Kontakt mit Ihnen aufnimmt und Ihnen eine schnelle und unbürokrati-sche Schadensregulierung anbietet.

Falls Sie sich hierauf einlassen, wird der Hauptschaden zwar relativ zügig ausgeglichen, je-doch fehlen am Ende schnell 500,00 EUR bis 2.000,00 EUR Schadensersatz. Diese noch of-fenen Schadenspositionen lassen sich dann auch mit der Hilfe eines Rechtsanwaltes kaum noch oder nur unter unverhältnismäßig hohem Kosten- und Zeitaufwand realisieren.

12. Beauftragung eines Rechtsanwaltes

Nehmen Sie Kontakt mit einem Rechtsanwalt Ihres Vertrauens auf und lassen Sie sich von diesem zunächst einmal umfassend beraten. Falls Sie den Rechtsanwalt im Anschluss an die-ses Beratungsgespräch mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche beauftragen, nimmt er für Sie die komplette Schadensregulierung in die Hand. Auch in vermeintlich aussichtslosen Fällen kann ein erfahrener Rechtsanwalt zumindest eine Teilregulierung des Schadens erreichen. Die durch die Beauftragung Ihres Rechtsanwaltes entstehenden Kosten sind von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu erstatten, soweit sich die geltend gemachten Ansprüche als berech-tigt erweisen. Vor allem bei schweren Unfällen mit Personenschäden oder der Gefahr straf-rechtlicher Sanktionen (Entziehung der Fahrerlaubnis etc.) empfiehlt sich immer die Einschal-tung eines Rechtsanwaltes.

13. Einschaltung eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen

Nur bei offensichtlichen Bagatellschäden sind Sie gehalten, zur Feststellung des Reparatur-aufwandes einen qualifizierten Kostenvoranschlag einzuholen. Ansonsten steht es dem Ge-schädigten grundsätzlich frei, einen Kfz-Sachverständigen seiner Wahl zum Zwecke der Be-weissicherung und zur Feststellung der Schadenshöhe zu beauftragen. Der Kfz-Sachverständige ist nicht nur in der Lage, den Unfallschaden vollständig zu erkennen und einen etwaigen Wertminderungsanspruch zu ermitteln – von ihm erhalten Sie auch eine ver-lässliche Aussage über die unfallbedingte Ausfallzeit des Fahrzeuges, was die Inanspruch-nahme eines Mietwagens bzw. die Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung erheblich erleichtert. Das Gutachten des Kfz-Sachverständigen kann Ihnen auch bei einem späteren Streit über den Unfallhergang von großer Hilfe sein, weil dadurch Beweise gesichert werden, die für eine verkehrsanalytische Rekonstruktion des Unfalls benötigt werden. Falls Sie keine Schuld am Unfall tragen, muss die gegnerische Haftpflichtversicherung die Kosten des Sach-verständigen selbstverständlich in voller Höhe übernehmen.

14. Vorsicht bei der Inanspruchnahme eines Mietwagens

Wird bei einem Unfall ein Fahrzeug in der Weise beschädigt, dass der Geschädigte es für eine bestimmte Zeit nicht nutzen kann, so hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der durch die Inanspruchnahme eines Mietfahrzeugs entstehenden Kosten, und zwar für die Dauer der Re-paratur bzw. Wiederbeschaffung. Aber Vorsicht: Die Haftpflichtversicherungen weigern sich oftmals, die Mietwagenkosten in voller Höhe zu regulieren. Probleme gibt es vor allem bei Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zum sog. Unfallersatztarif.

Der Geschädigte ist nach der Rechtsprechung nämlich grundsätzlich verpflichtet, sich einen Mietwagen zum Normaltarif zu beschaffen und unter mehreren Angeboten das kostengüns-tigste zu wählen. Um zu verhindern, dass Sie am Ende auf einem Teil der Mietwagenkosten sprichwörtlich „sitzen“ bleiben, sollten Sie sich rechtzeitig anwaltlich beraten lassen, und zwar auch im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit etwaiger Nebenkosten.

15. Sammeln aller Kostenbelege

Zum Nachweis derjenigen Kosten, die Ihnen im Zusammenhang mit dem Unfall entstehen,sollten Sie alle entsprechenden Belege sammeln. Nur so erhalten Sie auch die Kosten für Ta-xifahrten, Behandlungskosten, Medikamente u.s.w. erstattet. Die gesammelten Belege über-geben Sie am besten Ihrem Rechtsanwalt, damit dieser dafür sorgt, dass der erlittene Schaden bis auf den letzten Euro reguliert wird.

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